Stellt euch vor, ihr steht völlig
allein in einer fremden Stadt. Ich könnt die Sprache nicht und euer
Handy hat keinen Empfang. Das ist aber eigentlich egal, denn euer
Notizbuch mit den Telefonnummern wurde zusammen mit eurem Geldbeutel
samt EC-Karte und Perso geklaut. Es ist Nacht und langsam beginnt es
zu regnen...
Okay, ich geb's zu, so ganz war es dann
doch wieder nicht.
Aber ich fange erst mal damit an, wie
es hätte sein sollen:
Meine Mutter wollte mich nach England
bringen, weil ich ja keine Organisation habe, die mich z.B. vom
Flughafen abholt. Dann wollten wir vom Flughafen London Stansted mit
dem Zug nach Cambridge fahren. In Cambridge sollte dann noch ein Bus
in das Kaff fahren, in dem ich wohne, dessen Namen ich jetzt aber
nicht verrate. Meine Mutter wollte mich bis hier hin, also bis zur
Hostfam, begleiten. Dann wollte sie ein Taxi zu ihrer B&B in
Cambridge selbst nehmen, die leider in einer komplett anderen
Richtung liegt.
Okay, und jetzt die ganze Geschichte
wie sie sich abgespielt hat. Um euch nicht zu enttäuschen, sag ich
euch gleich mal: So spektakulärer und anders als der Plan war sie
gar nicht. Lediglich am Ende...
Nachdem ich mich von meinem Vater,
meiner Schwester und meiner besten Freundin, die mit zum Flughafen
gekommen ist, verabschiedet habe, bin ich in Stuttgart also mit
Herzklopfen in den Flieger gestiegen, Und ich liiiiiebe fliegen!
Naja, außer Langstreckenflügen, oder wenn ich mitten zwischen
komischen Leuten sitze. Aber der Flug hat nur etwa 1h 10 min gedauert
und ich hatte einen wunderbaren Fensterplatz. Kurz habe ich den
Berufsplan Stewart in betracht gezogen (Pilot könnte ich wegen
meinem einen stark kurzsichtigen Auge nie werden), aber als die ihr
nettes Tänzchen von wegen Notausgang und Sauerstoffmasken aufgeführt
haben, hab ich den Plan wieder verworfen :)
Dann sind wir gelandet und bei der
offiziellen Einreise mussten wir noch ein paar mal unseren Ausweis
zeigen (ob das EU-rechtlich so erlaubt ist?). Dann sind wir zum
Bahnsteig gegangen, dass direkt beim Flugzeug ist, und haben nach
unserem Zug gefragt. “...but you will need to hurry.“, ist die
antwort. “Hurry“ war dann einmal quer über den Bahnhof rennen.
Das, wohlgemerkt mit einem nach dem Umpacken ca 28 kg schweren
Koffer, einem sauschweren Rucksack (immer noch, selbst nach dem
Umpacken) und der möglicherweise nicht ganz erlaubten vollgepackten
Handtasche. Und einmal nassgeschwitzt, bombe, aber wir haben den Zug
noch gekriegt.
Die Fahrt verlief ohne besondere
Vorkommnisse und wir haben sogar relativ promt den Busbahnhof
gefunden (dass war nun wirklich nicht schwer). Unsere Linie gefunden
und erstmal den Fahrplan nicht geblickt. Nie Uhrzeit-Zahlen waren da
nämlich einfach hintereinandergereiht. Die letzte Zahl war
allerdings eine 2031 (oder so) und inzwischen war es locker halb zehn
vorbei. Um als dumme Kontinentaleuropäer sicher zu gehen, haben wir
noch bei zwei Jugendlichen nachgefragt, die da gerade rumliefen. Die
haben sich wortreich entschuldigt und uns bestätigt, dass der letzte
Bus längst weg ist.
Immerhin war ein paar Meter ein
Taxistand. Allerdings hatte meine Gastmutter von 40 min Busfahrt
gesprochen, und das ist vielleicht nicht so super mit dem Taxi, zumal
meine Mutter komplett mit zu mir mitfahren müsste, diese Strecke
dann wieder zurück und dann noch zu ihrer B&B. Auf meine bange
Frage, wieviel das wohl kosten würde sagte meine Mutter: „150€
könnten das schon werden...“
Also was machten vernünftige Menschen?
Jeder nimmt ein eigenes Taxi, denn dann sparen wir uns die gesamte
Rückfahrt.
Und hier kommt mein Herzflattern- und
Magenschmerzenmoment: Doch, ich hatte Geld. Ich hatte sogar die
Telefonnummern von meiner Mutter und meiner Gastmutter und sogar mein
Handy hat getan. Prinzipiell konnte ich die Sprache und es hat nicht
geregnet.
ABER... es war dunkel. Ich war allein
unterwegs zu einer Familie, die ich nicht kannte, ich wusste nicht
einmal, wie das Haus aussieht. Ich war mir nicht mal sicher, ob der
Taxifahrer in die richtige Richtung fährt, weil er nämlich Englisch
mit einem sehr starken (fernöstlichen?) Akzent gesprochen hat. (Er
hat ein paar Mal versucht, ein Gespräch anzufangen, aber ich bin
nicht groß darauf eingegangen. 1. war ich totmüde, 2. wusste ich
nicht was ich sagen sollte und hab ständig die Vokabeln vergessen
und 3. hab ich nur ca jedes zweite Wort von ihm verstanden.)
Sagen wir soviel: Ich bin doch ohne
Schwierigkeiten angekommen :)
Ich erzähle euch von meiner
Gastfamilie, wenn ich sie besser kennengelernt habe. Und irgendwann wenn ich Zeit hab von dem heutigen Tag.
Morgen habe ich meinen ersten Schultag.
Drückt mir die Daumen, ich hab so Schiss...
LG Svenja
Edit: Was ich ganz vergessen hab zu sagen: Mein Taxi hat 13 Pound gekostet. Nix 150 €. Ich schätze mal, auch wenn wir zuerst zu mir und dann zu der B&B meiner Mutter gefahren wären, hätte das maximal 30 Pound gekostet....