Mittwoch, 23. Oktober 2013

Von Sehnsucht, Heimweh und Wunderbarem



Kennt ihr diese Gefühlsachterbahn? Bestimmt, wenn ihr auch weg seid, und ihr werdet sie kennenlernen, wenn ihr weg geht.
Im einen Moment ist die Welt heil, ja perfekt, ihr lacht mit euren neuen Freunden, fühlt euch wohl wo ihr seid und genießt die Zeit.
Und dann, manchmal komplett aus dem Blauen heraus, fängt das Atmen an wehzutun. Ihr habt das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen und ihr spürt diesen stechenden Schmerz in eurem Inneren. Eure Augen brennen und ihr müsst die Tränen fließen lassen, damit ihr wieder atmen könnt und der Scherz zu einer dumpfen Leere wird.
Heimweh.

Ich muss sagen, im Großen und Ganzen war meine bisherige Zeit hier toll. Aber es gibt eben auch diese anderen Momente.
Ich hatte jetzt noch nicht so extrem viele Heimwehanfälle. Manchmal hatte ich unglaubliches Glück, dass so ein „Heimwehtag“ auf einen Tag voller toller Erlebnisse gefallen ist und deshalb ganz schnell vergessen wurde. Manchmal hatte ich kein solches Glück.

Nach einem wunderbaren Wochenende, dem ich hoffentlich den nächsten Eintrag widme, war der Montag schrecklich. In einer Woche haben wir Ferien und schlicht jeder mit dem ich bisher irgendwas näher zu tun hatte fährt nach Hause. Ich bekomme zwar Besuch von meiner Familie, allerdings kommen sie erst am Mittwoch Abend an, das im Klartext heißt, dass ich 5 Tage mehr oder weniger allein rumzukriegen habe. Und wenn schon ein Sonntag allein manchmal schlimmes Heimweh auslöst, was dann bitte erst 5 Tage?

Und dann die Tatsache, dass alle nach Hause fahren. Nach Hause. Eine Woche zu Hause klingt wie Musik in meinen Ohren, und ich wünsche mir nicht selten, dass ich auch nach hause gehen würde. (Eine Entscheidung, die noch vor einem Monat kein Problem gewesen wäre.) Purer Neid.

Womit wir bei den zwei Wörtern aus dem Titel wären, Heimweh und Sehnsucht. Ich habe keine Ahnung, wie der Duden das definiert, aber für mich ist Sehnsucht nach Personen und Heimweh Sehnsucht nach dem Ganzen Gefühl von „zu Hause sein“, bekanntes um sich zu haben.
Ich habe gerade (in diesem Augenblick, jetzt) beides ziemlich stark. Ich weiß, dass sich die Sehnsucht legen wird, wenn meine Familie hier ist (bis sie wieder gehen...), nicht aber das Heimweh. In meinem Zimmer zu sein, oder in „meiner“ Stadt, das wäre schon toll. Und bis Weihnachten ist es einfach noch so lang. (Zumal ich Weihnachten eigentlich gar nicht erwarten möchten. Ich habe das Gefühl, da ist mein Jahr schon zu einem guten Teil rum und außerdem fangen danach die ersten Examen an...) Es ist auch nicht im geringsten so, dass ich „ganz“ nach Hause wollte, es nur eben so... ich vermisse es schon. Ich hoffe, ihr versteht, was ich meine.

Aber im Titel hatte ich Wunderbares versprochen. Also, ich hatte erwähnt, dass ich hier nicht ganz weg möchte und ich kenne den Grund dafür, zumindest zum Teil. Es ist nicht das Essen, das ist nämlich grässlich. Es ist auch nicht das Wetter, das ist nämlich britisch. Auch nicht meine Gastfamilie, denn obwohl ich mich bei ihnen ganz wohl fühle sind sie nicht ansatzweise Familie(nerstatz) für mich.
Ein Teil ist sicher das Neue, Aufregende, Interessante, dass das Leben hier an sich hat. Aber das ist nicht der größte Grund.
Es sind meine Freunde und die Schule hier. Ich habe das Gefühl in diese Schule, die Leute an meiner Schule und meine Clique einfach hereinzupassen. Alles ist ein paar Nuancen exzentrischer, offener und angenehmer.
Um ein ganz simples Beispiel anzugucken: Kleidungsstile. Viele Leute hier kleiden sich einfach anders. Es hebt sich von der Masse ab und das gefällt mir. Viele dieser besonderen Outfits hätten an meiner Schule in Deutschland mit Sicherheit dumme Kommentare geerntet. Hier ist es anders. Es ist nicht so besonders, besonders zu sein. Man ist als Individuum teil der Gemeinschaft. Natürlich nicht nur auf Kleidung bezogen, sondern auf so gut wie alles, Ansichten zum Beispiel.

Das zu den Leuten an meiner Schule. Ein paar davon bezeichne ich als Freunde, und das ist wunderbar. Ich habe viele Leute, mit denen ich lose befreundet bin, mit einigen näher und mit ein paar richtig gut. Ja, ich glaube, dass ich das auch schon nach dieser kurzen Zeit so sagen kann.

Und ich weiß jetzt schon, wie sehr mir der Boden unter den Füßen weggezogen werden wird, wenn die Schule zu ist und alle alle in ihre Heimatländer zurückgefahren sind.

Ach, es ist einfach so schwierig zu entscheiden, ob ich lachen oder weinen soll...

Freitag, 18. Oktober 2013

Schon? Erst...


Wie die Zeit vergeht. Ziemlich genau eineinhalb Monate bin ich jetzt schon hier. Schon? Erst? Ich weiß es nicht. Es fühlt sich keins von beidem an. Aber eher erst, meistens jedenfalls. Es ist alles ein bisschen zu bekannt, als dass ich mir vorstellen könnte, dass ich erst 6 Wochen hier bin.
Die letzte Woche war ruhig, in der Schule ist jetzt endgültig Routine eingekehrt. Ich habe inzwischen ein neues Lieblingsfach, Economics. Ich habe ein Fach, von dem ich mich ständig frage, warum ich es genommen habe, Bio. Beides hat unter Umständen auf meine Kurswahl zurück in Deutschland. Vielleicht nehme ich Wirtschaft 4-stündig, und wahrscheinlich wähle ich Bio doch ab. Aber ich habe ja noch ein bisschen zeit zu überlegen :)
Vielleicht berichte ich einfach mal ein bisschen über meine Fächer, auch wenn sie jetzt nicht mega-außergewöhnlich sind?

Also...
Englisch: Wir haben zwei Englischlehrerinnen, im einen Englisch (Literature) lesen wir Lord of the Flies, ein Buch, das ich leider nicht sonderlich leiden kann. Allerdings machen wir danach Poesie, das wird vielleicht ganz nett. Im anderen Englisch (Language) analysieren wir nicht-literarische Text und machen sonst Dinge zum Thema Sprache und Sprachentwicklung, das ist eigentlich interessant ;)

Geschichte: Hm, Geschichte war in Deutschland mein unangefochtenes Lieblingsfach. Wirklich, ich glaube, ich habe selten so viel Begeisterung für ein Fach gezeigt. Hier? Wir haben 3 Geschichtslehrer, alle mit einem unterschiedlichen Thema. Das größte Thema ist leider die Tudor-Dynastie, England des 16. Jahrhunderts. Gäääähn. Und das von dem Mädchen, die letztes Jahr die Kreuzzüge interessant gefunden hat. Dabei ist diese Geschichtslehrerin (und meine Tutorin) ganz nett. Das zweite Thema ist das eigentlich interessanteste, Stalin. Allerdings kann ich den lehrer einfach nicht leiden. Das dritte Thema ist „Civil Rights Movement“ ist nicht nur interessant, sondern hat auch noch einen genialen Lehrer, der den Unterricht wirklich gut macht. (Außerdem ist er noch total jung und die weiblich Hälfte der Klasse findet ihn toll... aber das hat darauf natürlich keinen Einfluss.)
Mir ist wieder einmal klar, wie sehr es am Lehrer hängt. Mal sehen, was ich in der Kursstufe mache. Das wird eine schwere Entscheidung zwischen Geschichte 4-stündig oder Wirtschaft. Vermutlich mach ich's vom Lehrer abhängig.

Mathe: ich habe Maths higher gewählt und das ist schon relativ reichlich anspruchsvoll. Ich bin ganz schön am kämpfen und überlegen, ob ich nicht ein Level runtergehen soll. Ich versuch allerdings, durchzuhalten. Die Themen waren bisher größtenteils interessant. Es nervt nur, dass ich weiß, dass mir das unter großer Anstrengung angeeignete Wissen über Polynominaldivision nie mehr im leben nützlich sein wird, es sei denn, ich würde Mathe studieren. Wurde in Deutschland lustigerweise aus dem Lehrplan gestrichen.

Wirtschaft: Wie gesagt, aktuell mein Lieblingsfach. Ich finde es interessant, logisch, einleuchtend und faszinierend. Auch wenn die ersten Stunden mega-anstrengenst waren und ich kurz davor war zu wechseln. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt, dass unsere Lehrerin nie aufhört (schnell) zu reden, auch nicht wenn wir etwas abschreiben und das sie dann trotzdem erwartet, dass wir alles mitkriegen. Und dass sie die Tür abschließt und wer zu spät kommt nicht reindarf. Sie ist trotzdem nett. Und trotzdem brummt mir der Kopf nach jeder Stunde.

Bio: Warum hatte ich das gewählt? Ach ja, ich wollte auf jeden Fall irgendeine Naturwissenschaft haben und Physik und Chemie ging schienenmäßig nicht. Aber warum nochmal? Ich fand es doch immer sterbenslangweilig. Hätte ich lieber was anderes genommen. Ich habe keine Ahnung warum ich es so langweilig finde. Ich dachte in Deutschland es läge zumindest zum Teil an meinem Lehrer, aber dem ist nicht so, mein Biolehrer ist total nett. Bio und ich passen eben einfach nicht zusammen.
Sonst etwas schulisches von Interesse? Ich glaube nichts dringendes. Wenn ich irgendwann mal viel Zeit und Muse habe, mache ich einen Vergleich zwischen dem deutschen und dem englischen Schulsystem. Ausführlich und im Detail. Nicht heute.

Morgen treffe ich mich mit einer Spanierin, die mir Spanisch beibringt, und ich ihr Deutsch. Das wird bestimmt wieder lustig. Und für den Sonntag gibt es größere Pläne. Ich halte euch auf dem Laufenden und schreibe wieder, wenn etwas neues passiert, ich zu viel Zeit habe oder mir etwas ganz ganz wichtiges einfällt.

Freitag, 11. Oktober 2013

Heut' ist so ein schöner tag



lalalalala... ja, war es heute wirklich. Obwohl ich mit leichtem Unwohlsein aufgestanden bin und immer wieder ein bisschen Bauchschmerzen hatte. Obwohl ich meine Mathehausaufgaben von der letzten Stunde erst heute abgegeben habe. Obwohl ich heute schon wieder absolut durcheinander war. (Diese Woche habe ich erst verschiedene (gemachte) Hausaufgaben vergessen, dann meinen Block und heute mein Mäppchen...) Obwohl ich bis um halb fünf Schule und nur eine Freistunde hatte. Obwohl es scheißkalt war.

Weil ich in Mathe ausnahmsweise alles verstanden und mich sogar ziemlich oft gemeldet habe. Weil ich in Bio jetzt neben einem netten Mädchen sitze, mit der ich zwar bisher nicht so viel zu tun hatte, aber ich könnte mir gut vorstellen besser mit ihr befreundet zu sein, und nicht mehr neben der dummen Kuh wie davor. Weil ich meinen schönen neuen Pulli anhatte. Weil mir Wirtschaft einfach Spaß macht. Weil die Mittagspause nett war. Weil ich mich gerade lange mit meinem Gastopa unterhalten habe, über Bücher, Geschichte, Politik, Gesundheitssysteme (:D) und alles mögliche. Weil heute Freitag ist und ich mich tatsächlich endlich wieder aufs Wochenende freue.

Ja, ich freue mich auf mein Wochenende. Ein bisschen habe ich Angst, zu wenig unterwegs zu sein und wieder Heimweh zu bekommen. Und die üblichen Zweifel von wegen „Will denn keiner was mit mir zu tun haben?“.
Aber auf jeden Fall habe ich morgen etwas vor. Shoppen mit Leuten, die ich wirklich gern habe. Und mal sehen, was ich am Sonntag mache, vielleicht gehe ich nochmal in die Stadt. Wir sind nämlich gerade eifrig am planen für eine supergeheime Überraschungsgeburtstagsparty für eine Freundin. Das wird bestimmt lustig, auch wenn nichts wirklich großes geplant ist.

Übrigens... mein Mittwoch war auch wunderbar. Dabei bin ich mit dem typischen Mir-geht-es-hier-nicht-gut-Gefühl aufgestanden. Aber am Abend war ein spezieller Schüler-Rabatt Abend in einer größeren Mall in Cambridge, und ich bin nach der Schule mit einer Freundin in die Stadt gefahren. Wir haben erstmal einen Cupcake gegessen und uns dann mit zwei anderen Freundinnen in der Bibliothek getroffen. Da waren wir dann etwa eine Stunde. Obwohl ich nur ein Buch für die Schule gelesen habe, habe ich die „Anwesenheit“ von den Büchern genossen. (Weird? Ja, ich weiß.)
Als dann um 6 der Rabatt-Abend angefangen hat, sind wir einfach durch die Läden gegangen und haben jeder ein paar Sachen gekauft. Wir sind auf viele andere aus unserer Schule getroffen, waren zeitweise zu fünft. Wir haben uns was zu essen geholt und es trotz eisiger Kälte draußen gegessen.
Und das wichtigste: Wir haben ganz viel gelacht.
Lachen, das ist mein Rezept gegen Heimweh. Und Cupcakes, Schoko-Käsekuchen und Schokokekse, wenn es hart auf hart kommt.